Barryvox S, Training, Andermatt, Switzerland

"bei einem lawinenniedergang zählt jede minute"

Technischer Leiter und Bergführer Markus Wey erzählt im Interview, wie eine seriöse Vorbereitung auf den Skitourenwinter aussieht und wie man sich unser Lawinentraining vorstellen kann. Zudem berichtet er von seinen langjährigen Erfahrungen in der Bergrettung, von der Verschüttetensuche mit seinem Lawinenhund und auch, ob er selber schon mal verschüttet wurde.

Als erfahrener Bergführer und Bergretter wirst du mit kritischen Situationen konfrontiert. Kannst du uns von deinen Erfahrungen erzählen?

Bei Lawineneinsätzen treffen wir verschiedene Situationen an. Mehrheitlich werden durch die Nichtverschütteten die Sofortmassnahmen getroffen und es wird mit der Suche angefangen. Leider gibt es aber doch noch einige Schneesportler, die ohne Sicherheitsausrüstung abseits der gesicherten Gebiete unterwegs sind. Ohne die elektronischen Geräte kann nur mit dem Lawinenhund nach Personen gesucht werden. Je nach Schneeart kann die Witterung, die der Hund aufnimmt erst nach längerer Zeit austreten. Die Überlebenschance der Verschütteten sinkt nach 15 Minuten unter 50 Prozent. Darum ist es wichtig, dass die Kameradenrettung nach der Verschüttung sofort erfolgt und die alarmierte Rettungscrew (Rega, SAC) den Patienten so schnell wie möglich abtransportieren kann.

 

Zeit ist Leben, besonders bei der Verschüttetensuche. Was bedeutet das? 

Jeder, der sich im Winter in ungesichertem Gelände bewegt, sollte sich bewusst sein, dass bei einem Lawinenniedergang Lebensgefahr besteht und jede Minute zählt. Durch die in jedem Fachbuch beschriebene Safetyausrüstung kann eine sofortige Kameradenrettung erfolgen. Nur mit dieser und den nötigen Kenntnissen kann in nützlicher Zeit dem Verschütteten geholfen werden.

 

Eine seriöse Vorbereitung auf die Skitourensaison beginnt bereits vor dem ersten Schneefall. Was heisst das?

Bereits bevor der erste Schnee liegt, muss sämtliches Material kontrolliert werden. Das heisst, die elektronischen Geräte müssen gewartet und allfällige Updates der Firmware installiert werden. Jegliche Mechanismen von Schaufel und Sonde, die Auslöseeinheiten des Airbagsystems sowie das Füllgewicht und die Befestigung der Kartuschen müssen überprüft werden. Ebenfalls sollten die Skis und Bindungen, die Felle sowie die Stöcke auf ihre Funktionen kontrolliert werden.

 

Warum ist ein gutes und regelmässiges Lawinentraining so wichtig?

Die heutigen Safetyprodukte werden immer schneller und präziser, die Bedienungen einfacher. Das heisst aber nicht, dass es ohne Ausbildung und regelmässiges Training funktioniert. Nur mit laufender Anwendung
kann man die Eigenheiten und Tücken der Gerätschaften erkennen und dementsprechend reagieren. Beherrscht man etwas im Schlaf, so ist die Wahrscheinlichkeit grösser, dass auch in einer Ausnahmesituation
richtig gehandelt wird.

SCHNELL, RICHTIG UND EFFEKTIV HANDELN – In unserer Lawinenausbildung werden dir auf Übungstouren im Gelände die Funktion der Notfallausrüstung (LVS-Gerät, Lawinen-Sonde, Lawinen-Schaufel, Lawinen-Airbag-Rucksack) und die wichtigsten Fakten der Lawinenkunde vermittelt.

Wie kann man sich ein Lawinentraining der Mammut Alpine School vorstellen?

Ein neues Natel hält der Mensch laufend in den Händen, probiert alle seine Funktionen und kennt das Gerät mit all seinen Tücken innerhalb kürzester Zeit auswendig. Das Gleiche gilt auch für die Lawinenausrüstung, insbesondere das LVS: Die Handhabung sollte so viel wie möglich und unter schwierigsten Bedingungen geübt werden. Genau dies wird mit unseren Lawinentrainings beabsichtigt.

 

Kann man so eine Ausnahmesituation wie eine Lawinenverschüttung überhaupt trainieren?

Beherrscht man etwas im Schlaf, so ist die Wahrscheinlichkeit in einer Ausnahmesituation am grössten, dass auch richtig gehandelt wird.

 

Wie wichtig ist das adäquate Material?

Extrem wichtig. Allerdings ist auch das beste Material nur gerade so gut, wie der jeweilige Mensch es behandeln, bedienen und damit umgehen kann.

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Markus Wey hat selber einen Lawinenhund und ist mit ihm regelmässig für die Bergrettung im Einsatz. Im Interview beantwortet er die wichtigsten Fragen dazu.

Wie viel Training braucht es, bis ein Hund soweit ist, dass er bei der Verschüttetensuche eingesetzt werden kann?

Der Hund wird bereits im Welpenalter auf spielerische Art auf seine Aufgabe als Suchhund aufgebaut. Durch viele kurze Lektionen zeigt man dem Tier, wie und was man von ihm verlangt. Mit viel Motivation wird der Hund im ersten Jahr aufgebaut und mit Festigungseinheiten gestärkt, damit an den Prüfungen das Erlernte angewendet werden kann. Im Alter von zwei Jahren ist dann der früheste Zeitpunkt, wo das Team einsatzfähig werden kann.

 

Hast du viele Einsätze mit deinem Hund? Braucht er auch Erholung?

Im letzten Winter standen wir 3 Mal im Einsatz. Alle Ereignisse betrafen überschüttete Strassenabschnitte, zum Glück wurden keine Personen verschüttet. Der Hund braucht sehr wenig Zeit, um sich zu erholen. Bei längeren Einsätzen ist der Hund bis zu einer Stunde am Stück in Einsatz. Bereits nach einer halben Stunde Ruhepause kann das Tier anschliessend wieder eingesetzt werden. Natürlich kommt es auch auf den Trainingsstand des Hundes an, genau gleich wie beim Menschen auch.

 

Wird dein Hund bei einem erfolgreichen Einsatz belohnt?

Der Hund wird laufend motiviert. Sei es mit Worten oder auch einer Belohnung, dem Hund spielt das keine Rolle, er will zeigen, was er kann. Ist der Einsatz nicht erfolgreich, beglücken wir sämtliche Hunde mit einem von uns eingegrabenen Figuranten.  Nachdem dieser von den Hunden in einer Schneehöhle aufgefunden wird, werden sie mit reichlich Futter belohnt.

Ein Lawinensuchhund bei der Verschüttetensuche.

Seit vielen Jahren ist Markus Wey in der Bergrettung im Einsatz. Uns erzählt er aus seinem Erfahrungsschatz.

Welche Faktoren geben den Ausschlag, dass ein Einsatz positiv herauskommt?

Als Erstretter ist es immer wichtig, das Gefahrenpotential richtig einzuschätzen. Die eigene Sicherheit geht vor. Aus diesem Grund werden alle möglichen Vorkehrungen getroffen, damit man so schnell wie möglich aus dem Gefahrengebiet heraus kann, falls eine Nachlawine kommt. Positiv für uns Bergretter ist, wenn nichts Zusätzliches passiert und sowohl Patient als auch Retter ohne Schäden den Einsatz abschliessen können.

 

Was ist es für ein Gefühl, wenn man eine verschüttete Person aus einer Lawine retten kann?

Es ist einfach deine Arbeit. Du bist natürlich angespannt und weisst nicht, was du antriffst. Emotionen haben jedoch wenig zu suchen, man ist am Arbeiten und voll beschäftigt.

 

Einsätze in der Bergrettung sind physisch und psychisch äusserst belastend. Wie wird damit umgegangen?

Bei einem Einsatz geht man meistens an die Grenzen der Leistungsfähigkeit wie auch der eigenen Sicherheit. Nach jedem Einsatz gibt es ein Debriefing. Hier wird besprochen, wie der Einsatz verlaufen ist und auch psychische Aspekte werden thematisiert.

Sollte ich einmal von einer Lawine verschüttet werden, dann hoffe ich, dass die Ausbildung bei meinen Gästen angekommen ist und sie bei meiner hoffentlich schnelle Rettung die richtigen Schritte vornehmen.

Was hast du in all den Jahren bei der Bergrettung für dich gelernt?

Dass es definitiv besser ist, wenn man nie in eine Lawine kommt.

 

Warst du denn schon einmal in einer Lawine?

Nein. Ich habe sicher auch Glück gehabt. Dass ich nie verschüttet wurde, führe ich aber auch auf eine gute Vorbereitung und einen gesunden Respekt vor der Natur zurück. Meine Devise: Mut haben zu gehen, aber auch Mut haben zu drehen.

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